Gutachten «Kostenvergütung durch die Krankenversicherung für das interkulturelle Dolmetschen»

Das Schweizerische Rote Kreuz hat Prof. Dr. iur. Ueli Kieser beauftragt abzuklären, ob aus rechtlicher Sicht davon auszugehen sei, dass das Dolmetschen auch in der ambulanten Gesundheitsversorgung über die OKP abgegolten werden muss.

Im März 2019 hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) ein Faktenblatt zur „Finanzierung des interkulturellen Dolmetschens im Gesundheitswesen durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP)“ veröffentlicht. Darin wird Folgendes festgehalten: «Ist professionelles interkulturelles Dolmetschen für die Ausführung einer medizinischen Untersuchung oder Behandlung sowie für deren therapeutischen Erfolg unabdingbar und können die versicherten Personen keinen Dolmetschenden zur Verfügung stellen, können die Kosten für das Dolmetschen als integrierter Teil der medizinischen Leistung betrachtet werden.» Zwar empfiehlt gemäss dem Faktenblatt die Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren für den stationären Bereich, die Kosten für Übersetzungsdienste in den Spitälern den OKP-pflichtigen Leistungen zuzurechnen. Gleichzeitig wird aber auch festgehalten, dass die geltende Tarifstruktur im ambulanten Bereich keine entsprechende Tarifposition vorsieht. Somit bleibt im Gesundheitswesen – insbesondere im ambulanten Bereich – die Problematik weiter bestehen, dass die Übersetzungskosten bei Patientinnen und Patienten, die keiner Schweizer Landessprache mächtig sind, weder von der OKP noch von der öffentlichen Hand übernommen werden. Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) ist mit dieser Problematik insbesondere bei seiner Arbeit mit traumatisierten Geflüchteten im Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer konfrontiert. Vor diesem Hintergrund hat sich das SRK entschieden, die Thematik gutachterlich klären zu lassen. Es hat Prof. Dr. iur. Ueli Kieser beauftragt abzuklären, ob aus rechtlicher Sicht davon auszugehen sei, dass das Dolmetschen auch in der ambulanten Gesundheitsversorgung über die OKP abgegolten werden muss. Das Gutachten vom 31. Januar 2020 hält grundsätzlich fest, dass die dolmetschende Person unter bestimmten Voraussetzungen als nichtärztliche Hilfsperson eingesetzt werden kann; dabei ist es zulässig, deren Leistung über die OKP abzurechnen. Dies ist dann der Fall, wenn Dolmetschen für die Ausführung einer medizinischen Untersuchung oder Behandlung sowie für deren therapeutischen Erfolg unabdingbar und wenn die versicherten Personen keinen Dolmetschenden zur Verfügung stellen können. Gutachten (pdf)