Pilotprojekt Überbrückungshilfe Stadt Luzern

Viele Ausländerinnen und Ausländer in prekären Beschäftigungsverhältnissen sind während der Corona-Pandemie trotz gut funktionierender sozialer Sicherungssysteme finanziell in Not geraten. Grund ist die Migrationsgesetzgebung des Bundes: Wer einen B- oder C-Ausweis hat, läuft Gefahr, bei einem Sozialhilfebezug den Aufenthaltsstatus zu verlieren. Die in der Stadt Luzern betroffenen Personen können oder wollen sich darum nicht an die Sozialen Dienste wenden. Die Stadt Luzern will zusammen mit Partnerorganisationen diese Armutssituationen bekämpfen. Sie initiiert ab September das Pilotprojekt «Überbrückungshilfe». Die finanziellen Mittel werden aus dem Margaretha-Binggeli-Fonds bereitgestellt.

Die Corona-Pandemie stellt bestimmte Bevölkerungsgruppen vor grosse finanzielle Herausforderungen. Dank ausserordentlicher finanzieller Unterstützungsleistungen auf Ebene von Bund, Kantonen und Gemeinden sind bisher die Meisten über die Runden gekommen. Als unterstes Auffangnetz gibt es die Sozialhilfe für jene, die ihren Lebensunterhalt trotz allem nicht aus eigenen Kräften finanzieren können. Es zeigt sich aber, dass vor allem Ausländerinnen und Ausländer in prekären Beschäftigungsverhältnissen sowie Sans-Papiers (Menschen ohne Aufenthaltsbewilligung), die keine Nothilfe erhalten, sich teilweise in grosser wirtschaftlicher Not befinden. Denn diese beiden Gruppen können oder wollen aus unterschiedlichen Gründen nicht auf Unterstützungsleistungen der Sozialhilfe zurückgreifen. Ein Hauptgrund ist die Gesetzgebung des Bundes. Unter anderem sieht das Ausländer- und Integrationsgesetz vor, dass der Sozialhilfebezug in bestimmten Fällen zu einem Entzug der Bewilligung und damit zur Ausweisung führen kann. In der Praxis kommt dies zwar sehr selten vor. Dennoch fürchten sich viele Betroffene vor möglichen Konsequenzen. Sie verzichten darum auf die Sozialhilfe, was zu existenziellen Problemen führt. Effektive Armutsbekämpfung durch Überbrückungshilfe mit Kurzzeitberatung In seiner Antwort auf einen überwiesenen Vorstoss in dieser Sache zeigt der Stadtrat auf, dass er in eigener Kompetenz ein Pilotprojekt unter dem Arbeitstitel «Wirtschaftliche Basishilfe» beschlossen hat. Dies, weil sich auch in Luzern seit längerem Handlungsbedarf zeigt. Mit Geldern der Glückskette konnte seit März 2020 rasche und individuelle Unterstützung an Armutsbetroffene in Notlagen geleistet werden. Die Stadt selber hat unter anderem in Form einer Soforthilfe im Frühjahr 2020 20'000 Franken an die Kontakt- und Beratungsstelle für Sans-Papiers in Luzern gesprochen. Dieses Geld wurde inzwischen vollumfänglich ausgeschöpft. Das Pilotprojekt «Überbrückungshilfe» ist auf 18 Monate ausgelegt. Es wird mit 400'000 Franken aus dem Margaretha-Binggeli-Fonds finanziert. Dieser Fonds ist explizit für Personen gedacht, die sich vorübergehend in sozialer Not befinden und keine Sozialhilfe beziehen. Diese Form der Unterstützung hat keine ausländerrechtlichen Folgen. Es besteht kein Rechtsanspruch auf eine «Überbrückungshilfe». Pilotprojekt in Luzern startete am 1. September 2021 Für die Umsetzung des Pilotprojekts konnten die Caritas Luzern sowie die Kontakt- und Beratungsstelle für Sans-Papiers Luzern gewonnen werden. Sie sind vertrauenswürdige Ansprechstellen für die Zielgruppen, verfügen über langjährige Erfahrung und garantieren, dass die Gelder entsprechend den Vorgaben verteilt werden. Finanziell stehen der Caritas Luzern 90 Prozent der Summe zugunsten von Personen mit B- und C- Bewilligungen zur Verfügung. Die Kontakt- und Beratungsstelle für Sans-Papiers erhält 6 Prozent für die Personen ohne Aufenthaltsbewilligung. 4 Prozent sind für die Evaluation reserviert. Ziele: Die Überbrückungshilfe dient der befristeten Überbrückung von Notsituationen für Menschen in prekären finanziellen Lebenssituationen. Sie wird folglich nur vorübergehend geleistet und dient in erster Linie der Sicherung des Lebensbedarfs (Wohnen, Essen, Kleider, Gesundheit). Sie hilft Betroffenen, ihre Situation zu ordnen und zu stabilisieren. Sie erfolgt zusammen mit einer bedarfsorientierten und professionellen Kurzzeitberatung. Zielgruppen: Armutsbetroffene Einzelpersonen und Familien mit B- beziehungsweise C-Bewilligung mit mindestens zwei Jahren Wohnsitz in der Stadt Luzern. Armutsbetroffene nicht registrierte Sans-Papiers mit Wohnort Stadt Luzern. Die Partnerorganisationen legen Rechenschaft ab über ihre Auszahlungen und Beratungen, ohne die Identität der Klientinnen und Klienten zu nennen. Die Unterstützung für Personen ohne Aufenthaltsbewilligung orientiert sich an den Grundrechten, die jedem Menschen in der Schweiz, unabhängig von seinem Aufenthaltsstatus zustehen (vor allem Gesundheitskosten). Sie bewegt sich damit im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Die Stadt plant eine Begleitevaluation durch eine externe Institution. Dies geschieht voraussichtlich gemeinsam mit der Stadt Zürich, damit die Vergleichbarkeit mit deren Pilotprojekt möglich wird. Sozial- und Sicherheitsdirektor Martin Merki ist überzeugt: «Mit diesem Projekt können wir eine kritische, durch die Pandemie verstärkte Armutsgefahr bekämpfen und das Leben von vielen Betroffenen stabilisieren.» Daniel Furrer, Geschäftsleiter Caritas Luzern ist sehr froh um die Initiative der Stadt Luzern: «So können wir jenen Menschen helfen, deren Situation durch die Pandemie noch prekärer geworden ist, ihre akute Notlage lindern und ihnen längerfristig eine Perspektive aufzeigen.»

Armutsbekämpfung mit Überbrückungshilfe